Als Antwort auf: Kriegsgründe von Bimboo am 24. März 2003 21:40:30:
x1/15867.htm
Das hätte ich nicht gedacht, mit einem kleinen Satz im unteren Bereich meiner Beweggründe gleich umfangreiche Antwort auszulösen. Respekt und herzlichen Dank dafür, ich möchte gern reagieren.
Das ist ja eine alte Diskussion, die Sache mit dem politischen Boykott. Ich denke grundsätzlich, dass man da keine allgemeingültige Handlungsanweisung geben kann, sondern immer wieder von Fall zu Fall abwägen muss. Aber ich bin sicher, dass es einen Zusammenhang gibt und geben muss zwischen Sympathie oder sogar politischen Überzeugungen und wirtschaftlichem Handeln. Alle besseren Marketingabteilungen dieser Welt machen sich diesen Zusammenhang zu Nutze, sei es, dass eine Firma Sport oder Kultur fördert und darüber redet in der nicht einmal unberechtigten Hoffnung, mehr Schokoriegel oder Versicherungen zu verkaufen. Wir alle werden zumindest unterschwellig von derartigen Marketingmaßnahmen beeinflusst. Und das ist auch gut so, denn als Konsument sind wir tatsächlich in der Lage, unsere Meinung auszudrücken: Die Firma Shell hat deshalb seine Brent Spa nicht in der Nordsee versenkt, weil sie fürchten musste, dass der Boykott an den Tankstellen den Preisvorteil bei der Entsorgung zunichte machen würde. Öffentliche Auftraggeber sind gehalten, keine Aufträge an Baufirmen zu vergeben, von denen bekannt ist, dass sie nicht den Mindestlohn bezahlen. Und jeder von uns meidet Geschäfte oder Kneipen, deren Inhaber unsympathisch ist, auch wenn uns der Inhaber sowieso nicht selbst bedienen würde.
Eine Detail in meiner Kaufentscheidung ist aber wesentlich:
Es geht nicht um Boykott der einen Firma, es geht um Bevorzugung der anderen. Immerhin hatte ich vorher keinen Klein-Lieferwagen sondern kaufe erstmalig einen. Somit bestrafe ich niemanden, allenfalls belohne ich jemanden. Und das ist mein gutes Recht als Konsument, zumal dann, wenn es andere gibt, die zur Zeit tatsächlich durch wirtschaftliche Entscheidungen bestrafen. Wer positive Solidarität ausdrückt ist damit noch lange nicht auf einer Stufe mit dem negativen Boykotteur. (Keine Angst: Ich bin verantwortlich für die Speise- und vor allem Weinkarte eines kleinen Lokals. Vor einigen Jahren, als bekannt wurde, dass der Französische Geheimdienst ein Greenpeace-Schiff versenkt hat, habe ich keinen Bordeaux oder Burgunder von der Karte genommen. So steht jetzt auch noch der Rioja und der Kalifornische Cabernet-Sauvignon (der ist noch immer richtig gut) an der gleichen Stelle, wo sie vor einem Jahr auch standen.)
Das klingt alles so pathetisch und doch wissen wir alle, dass es bei der verflochtenen Weltwirtschaft viel komplizierter ist. Natürlich ist auch ein in Nordfrankreich zusammengeschraubter Kangoo letztlich ein eher europäisches wenn nicht interkontinentales Produkt - wesentlich ist aber auch, wo der Großteil der Wertschöpfung vollbracht wird. Und das ist bei einem Auto nun mal in der Autofabrik, in der die meisten Stunden der Gesamtmontage aufgewendet werden.
Und es ist auch richtig, auf Verfehlungen der hier gerade von mir Begünstigten hinzuweisen. Aber in dieser Frage sitzen ja wohl alle größeren Nationen im Glashaus - nicht nur Frankreich und Deutschland stützten jahrelang das Regime in Bagdad, auch die USA und Großbritannien taten es mit vielstelligen Summen. Eine politische Konsumentscheidung ist da für den Einzelnen ziemlich schwierig - aber die Zusammenhänge sollte man sich schon mal klar machen. In den USA gibt es gerade eine sehr richtige Kampagne gegen spritfressende Geländewagen mit der Aussage, dass durch den hohen Spritverbrauch Terrorbanden in arabischen Ölstaaten mitfinanziert werden. Verdammt, da ist was dran, da kann man nur so drauf reagieren, indem man weniger Sprit verbraucht (also kleiner Kangoo-Diesel) und sein Haus anständig dämmt (ist erledigt).
Zu Deiner persönlichen Meinung kann ich nicht viel sagen, außer dass wir offenbar unterschiedlicher Ansicht sind. Nur zwei knappe Aspekte:
1. Nichts ist unvermeidbar, was dem menschlichen Willen untergeordnet ist. Die Entscheidung über Krieg einerseits oder schrittweise und mitunter auch mühselige Abrüstung durch Inspektoren andererseits ist eine vom Willen der Beteiligten getragene Entscheidung. Eine Drohkulisse gegen ein Unrechtsregime wird beim nächsten Mal nicht mehr funktionieren, wenn das betroffene Regime aufgrund von heutigen Erfahrungen davon ausgehen muss, dass es keine Drohung sondern ein Aufmarsch mit automatischer Kriegserklärung sein wird. Warum sollte irgendwann Nordkorea (oder Pakistan oder Iran oder wer auch immer) mit UNO-Inspektoren überhaupt zusammenarbeiten und seine Atom- oder Chemiewaffen abrüsten, wenn bereits etliche Flugzeugträger vor seiner Küste auf den definitiven Angriffsbefehl warten?
2. Noch heute gilt, was kluge Ökonomen bereits vor 200 Jahren erkannten: Dass die Wirtschaft dann am meisten Wohlstand für alle Beteiligten schaffen kann, wenn die Partner gleichberechtigt ohne Beschränkungen und mit dem Vertrauen auf Recht und Gesetz kooperieren können. Die USA machen seit zwei Jahren das ganze Gegenteil: Sie kündigen systematisch internationale Kooperationsabkommen, bauen Zollschranken rund um ihre eigene Wirtschaft auf, unterlaufen die Welthandelsabkommen und ignorieren jetzt den Mehrheitswillen der UNO. Das halte ich für gefährlich. Es ist bei weitem nicht der einige Grund - aber auch kein Zufall, dass die Wirtschaft der USA und damit die der Welt seit zwei Jahren nicht mehr so recht vom Fleck kommt.
Nun aber doch noch zum Kangoo:
Der 82-PS-Motor ist in der Anschaffung 550 Euro teurer (wenngleich er in der Produktion vermutlich keinen Cent teurer ist?). Der Mehrpreis in der Versicherung kommt hinzu. Der Vorteil liegt nur im Fahrspaß, der höheren Höchstgeschwindigkeit und angeblich 0,1 Liter weniger Verbrauch - ist das den Preis wert? (Mist, jetzt bin ich wieder unsicher geworden!)
Das günstige Angebot mit der von Renault bezahlten Kaskoversicherung+Steuer gibts nur bei Leasing, nicht bei Finanzierung. Somit ist Leasing in diesem Fall selbst ohne Steuerspielchen wohl günstiger.
Den Restwert lege ich jetzt schon mit dem Autohaus in einer Kaufoption fest, Mehrzahlungen wegen Kilometerstand oder Zustand wird es nicht geben, wenn ich den Wagen übernehme.
Viele Grüße!
anton
******************************************
- die politische Weltlage (Berlingo/Partner wird im Kriegsland Spanien gebaut, Combo im Kriegs-sympathisierenden Portugal, nur der Kangoo im umso mehr befreundeten Frankreich)
Ist es Dir ein Leichteres, daß Frankreich mit einem menschenverachtenden Regime Geschäfte macht und es stützt, trotz der Verbrechen gegen Menschen die es unternimmt?
Ist es Dir ein Leichteres, ein Fahrzeug zu kaufen das zwar im anti-Kriegs-eingestellten Frankreich zusammengebaut wird (war's kürzlich nicht noch Rumänien?), aber aus vielen Einzelteilen von Zulieferern aus "kriegs-sympathisierenden" oder gar kriegsführenden Nationen besteht?
Ist es Dir ein Leichteres, zwar Spanien und Portugal für ihre Pro-Krieg-Politik zu "bestrafen" damit aber die Fließbandarbeiter um ihr Einkommen bringen, obwohl die auf den Straßen gegen den Krieg demonstrieren?
Ist es Dir ein Leichteres, Dich mit so einer "Boykotthaltung" (keine Angst - Deine anderen Gründe hab' ich durchaus zur Kenntnis genommen) auf dieselbe Ebene zu stellen mit den Amerikanern, die jetzt ihre Lebensmittel umbenennen und nicht mehr mit Märklin-Eisenbahnen spielen?
Und bin ich selbst auch ein "Kriegs-Sympathisant", weil ich den Krieg als Übel betrachte, um das wir sowieso nicht herumgekommen wären? Weil die Ursache nach wie vor in Bagdad liegt, auch wenn Washington der Auslöser ist?
Nur so ein paar Fragen, die mir durch den Kopf geistern bei diesem Beweggrund, daß Du Dich für den Kangoo entscheiden hast. Für Deine Entscheidung kann ich Dich aber nur beglückwünschen, und die anderen Beweggründe gut nachvollziehen <img src=http://bilder.parsimony.net/smilies/smile.gif alt=smile>
Aber: Warum 65PS und nicht 82PS? Warum Leasen und nicht Finanzieren? Hast Du die Schlußrate und mögliche Zusatzkosten wegen zu vielen km mit einkalkuliert? Als ich meinen Kangoo gekauft habe, wäre Leasing unterm Strich über 1000,- EUR teurer gekommen - war also keine sinnvolle Alternative. Und das höre ich oft, daß Leasing für Privatpersonen nicht wirklich lohnt.
x1/15867.htm