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No Nokia? Zu kurz gegriffen! (Plauderei)

Thomas, Wednesday, 16.01.2008, 22:09 (vor 6190 Tagen) @ AndreasNölle
bearbeitet von Thomas, Wednesday, 16.01.2008, 22:49

Hallo Andreas,

"Es wird Zeit, daß multinationale Konzerne spüren, daß Arbeits- und
Absatzmärkte von Menschen gemacht und gestaltet werden. Und, daß diese
Menschen Macht haben. Der Absatzmarkt Deutschland sollte sich per sofort
solidarisch mit seinen Arbeitnehmern zeigen.

Für meinen Geschmack siehst Du das zu kurzatmig und zu "national" bzw. regional begrenzt. Internationale Konzerne agieren mit ihren menschenfeindlichen Schweinereien weltweit - was ist gewonnen, wenn immer (gerade nur) diejenigen aufbegehren, bei denen rein zufällig gerade Arbeitsplätze dicht gemacht werden? Irgendwo werden schließlich immer welche dichtgemacht, und per Saldo betrachtet ist es völlig egal, ob das in Deutschland, in Frankreich, in Finnland oder in Japan passiert. Gegen die Macht internationaler Konzerne helfen keine national-begrenzten Boykottaktionen, die im "Erfolgsfalle" ja nur das Übel verschieben würden nach dem guten alten Grundsatz "Heiliger Sankt Florian, verschon' mein Haus, zünd' andre an!" Gegen die Macht internationaler Konzerne helfen nur internationale Solidarität und neue Formen internationaler Vernetzung von Gewerkschaften und/oder international agierende Netzwerke wie Attac o. ä. Nationale Boykottaktionen halte ich daher schon im Ansatz für verfehlt. Oder sag' mir einen Grund, warum Samsung, Sony-Ericsson oder Siemens (als die noch Handys produzierten) nur um ein Stück besser sein sollten als Nokia? Der Drang nach ungehemmter Profitmaximierung statt der Interessen der arbeitenden und konsumierenden Menschen treibt schließlich das Interesse jedes Kapitals, das ist doch nicht nur bei Nokia so!

">Kapital«, sagt der Quarterly Reviewer, >flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist sehr wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens. Wenn Tumult und Streit Profit bringen, wird es sie beide encouragieren. Beweis: Schmuggel und Sklavenhandel.«" - Thomas Joseph Dunning, von Marx in einer Fußnote des "Kapital", 1. Band, als Beleg zitiert. Quelle: MEW 23, S. 788, 1867

Diese Gesetzmäßigkeit gilt weltweit und beschränkt sich weder auf Deutschland noch auf Nokia. Und als Konsument muß man immer irgendwas kaufen, auch von internationalen Konzernen, die alle austauschbar und gleich nach den o.g. Grundgesetz des Kapitalismus, der Profitmaximierung agieren: "Es versteht sich von selbst, daß man nicht hohe Prinzipien und hohe Profite haben kann." (Howard Hughes). Gut, machmal gibt es ethische Alternativen, wie Ökostrom, Fleisch vom Neuland-Fleischer oder Transfair-Produkte - aber beileibe nicht immer. Und nenne mir einen ethisch hochwertigen Handyhersteller. Solange Du das nicht kannst, ist es wurst und geht mir am Allerwertesten vorbei, wer sich welches Handy kauft. Die sind alle austauschbar. Nokia kaufen ist auch weiterhin nicht besser oder schlechter als jede andere Marke.

P.S.: Daß die allerdings auf Rückzahlung von ergaunerten Subventionsgeldern in Anspruch genommen werden, die sie ungesetzlich abgegriffen haben, "um Arbeitsplätze zu schaffen", finde ich völlig okay. Das aber nur am Rande. Es ändert nichts an der von mir aufgeworfenen politischen Grundsatzfrage.

LG
Thomas


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